Eine Befriedung von Grundflächen nach § 6a BJagdG setzt voraus, dass der Grundeigentümer darlegt, aus welchen Gründen er die Jagdausübung ablehnt; eine Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zur ethischen Jagdgegnerschaft genügt hierfür nicht.

Ethische Gründe im Sinne von § 6a Abs. 1 Satz 1 BJagdG liegen vor, wenn der Grundeigentümer die feste Überzeugung gewonnen hat, dass es aus grundsätzlichen Erwägungen nicht richtig ist, die Jagd auszuüben, und diese Überzeugung für ihn eine gewisse Wichtigkeit hat. Die Gründe müssen nicht den Anforderungen an eine Gewissensentscheidung im Sinne der Rechtsprechung zur Kriegsdienstverweigerung entsprechen.
Um glaubhaft zu machen, dass der Grundeigentümer die Jagdausübung aus ethischen Gründen ablehnt, ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass er objektive Umstände nachweist, die das Vorhandensein derartiger Gründe nachvollziehbar und im Ergebnis überwiegend wahrscheinlich machen.
Eine Befriedung von Grundflächen nach § 6a BJagdG setzt voraus, dass der Grundeigentümer darlegt, aus welchen Gründen er die Jagdausübung ablehnt; anders als der Bayerische Verwaltungsgerichtshof angenommen hat, genügt eine Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zur ethischen Jagdgegnerschaft hierfür nicht. Ethische Gründe für die Ablehnung der Jagdausübung müssen – wie der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in der Vorinstanz[1] richtig erkannt hat – nicht den Anforderungen an eine Gewissensentscheidung im Sinne der Rechtsprechung zur Kriegsdienstverweigerung entsprechen. Nicht mit Bundesrecht vereinbar ist hingegen die Annahme des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, es genüge, dass die Gründe irgendwie wertebasiert seien; ethische Gründe im Sinne von § 6a Abs. 1 Satz 1 BJagdG liegen nur vor, wenn der Grundeigentümer die feste Überzeugung gewonnen hat, dass es aus grundsätzlichen Erwägungen nicht richtig ist, die Jagd auszuüben, und diese Überzeugung für ihn eine gewisse Wichtigkeit hat. Um diese Voraussetzungen glaubhaft zu machen, ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Grundeigentümer objektive Umstände nachweist, die das Vorhandensein ethischer Gründe nachvollziehbar und im Ergebnis überwiegend wahrscheinlich machen. Ausgehend von diesem rechtlichen Maßstab, dem aus den Akten ersichtlichen Vortrag der Grundstückseigentümerin und den tatsächlichen Feststellungen hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof den Landkreis[2] im Ergebnis zu Recht verpflichtet, die Grundstücke der Grundstückseigentümerin zu befriedeten Bezirken zu erklären.
Maßgebend für das Verpflichtungsbegehren der Grundstückseigentümerin ist das Bundesjagdgesetz (BJagdG) in der im Zeitpunkt der Entscheidung des Revisionsgerichts geltenden Fassung[3]; das ist die Fassung der Bekanntmachung vom 29.09.1976[4], zuletzt geändert durch Verordnung vom 19.06.2020[5]. § 6a BJagdG ist seit seiner Einfügung durch Gesetz vom 29.05.2013[6] nicht geändert worden. Gemäß § 6a Abs. 1 Satz 1 BJagdG sind Grundflächen, die zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehören und im Eigentum einer natürlichen Person stehen, auf Antrag des Grundeigentümers zu befriedeten Bezirken zu erklären (Befriedung), wenn der Grundeigentümer glaubhaft macht, dass er die Jagdausübung aus ethischen Gründen ablehnt.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat im vorliegenden Rechtsstreit angenommen, bereits der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sei zu dem Ergebnis gekommen, dass die ethische Jagdgegnerschaft grundsätzlich den erforderlichen gewissen Grad von Entschiedenheit, Geschlossenheit und Wichtigkeit erreiche und daher in einer demokratischen Gesellschaft Achtung verdiene. Nachvollziehbare individuelle Überlegungen müsse der Grundeigentümer deshalb nicht dartun. Er müsse lediglich Anhaltspunkte dafür ausräumen, dass seine Haltung nur oberflächlich, widersprüchlich oder trivial sei.
Das ist mit Bundesrecht nicht vereinbar. Nach § 6a Abs. 1 Satz 1 BJagdG muss der Grundeigentümer darlegen, aus welchen Gründen er die Jagdausübung ablehnt. Der Grundeigentümer trägt insoweit die Darlegungslast. Lediglich auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zur ethischen Jagdgegnerschaft Bezug zu nehmen, genügt insoweit nicht. Erforderlich ist vielmehr eine Darlegung seiner persönlichen Gründe durch den jeweiligen Grundeigentümer. Erst sie ermöglicht zu prüfen, ob die vorgetragenen Gründe ethisch im Sinne von § 6a Abs. 1 Satz 1 BJagdG sind oder nicht. Ohne eine solche Darlegung kann der Grundeigentümer auch nicht glaubhaft machen, dass er die Jagdausübung aus ethischen Gründen ablehnt. Die bloße Behauptung ethischer Gründe reicht für eine Befriedung nicht aus; das wird in der Begründung des Gesetzentwurfs zu § 6a BJagdG ausdrücklich klargestellt[7].
Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gebietet nicht, auf eine Darlegung der persönlichen Gründe des Grundeigentümers für die Ablehnung der Jagdausübung zu verzichten. In der Sache Herrmann/Deutschland hat der Gerichtshof entschieden, dass die Verpflichtung, die Jagd auf zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehörenden Grundstücken zu dulden, für Eigentümer, die die Jagd aus ethischen Gründen ablehnen, eine unverhältnismäßige Belastung darstellt[8]. Eine § 6a BJagdG vergleichbare Vorschrift, die es dem Beschwerdeführer ermöglicht hätte, die Ausübung der Jagd auf seinen Grundstücken aus ethischen Gründen zu unterbinden, enthielt das deutsche Recht damals nicht. Der Gerichtshof hatte deshalb keinen Anlass zu prüfen, welche Anforderungen die Konventionsstaaten an die Geltendmachung ethischer Gründe für die Ablehnung der Jagdausübung stellen dürfen. Für die Verfahren Chassagnou u.a./Frankreich und Schneider/Luxemburg gilt nichts Anderes. Dass die Beschwerdeführer ethische Gründe für die Ablehnung der Jagdausübung vorgetragen hatten, war unstreitig. Den Versuch der deutschen Bundesregierung, die Ernsthaftigkeit der Überzeugungen des Beschwerdeführers Herrmann mit dem Vortrag in Zweifel zu ziehen, er habe Grundstücke an eine Landwirtin verpachtet, die sie für die Aufzucht von Schlachtvieh benutze, hat der Gerichtshof zurückgewiesen[9]. Inwiefern es einen Grundeigentümer unverhältnismäßig belasten sollte, seine persönlichen Gründe für die Ablehnung der Jagdausübung darzulegen, ist ausgehend von den nachstehenden Anforderungen an ethische Gründe im Sinne von § 6a Abs. 1 Satz 1 BJagdG nicht ersichtlich.
. Ethische Gründe für die Ablehnung der Jagdausübung im Sinne von § 6a Abs. 1 Satz 1 BJagdG müssen nicht den Anforderungen an eine Gewissensentscheidung im Sinne der Rechtsprechung zur Kriegsdienstverweigerung entsprechen; einer Gewissensprüfung darf der Grundeigentümer nicht unterzogen werden. Davon ist der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in Übereinstimmung mit Bundesrecht ausgegangen.
Als Gewissensentscheidung im Sinne von Art. 4 Abs. 1 und 3 GG wird jede ernste sittliche, d.h. an den Kategorien von „Gut“ und „Böse“ orientierte Entscheidung angesehen, die der Einzelne in einer bestimmten Lage als für sich bindend und unbedingt verpflichtend innerlich erfährt, so dass er gegen sie nicht ohne ernste Gewissensnot handeln könnte[10]. Eine Gewissensentscheidung ist durch ein hohes Maß innerer Bindung an die eigene Werterkenntnis und -entscheidung gekennzeichnet, so dass ein Handeln im Widerspruch hierzu den Betroffenen in eine ernste, den Kern seiner Persönlichkeit erfassende Gewissensnot führen würde[11].
Wie im vorliegenden Verfahren das Verwaltungsgericht haben auch die anderen Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichte und die Literatur die Befriedung aus ethischen Gründen nach § 6a BJagdG bislang vom Vorliegen einer solchen Gewissensentscheidung abhängig gemacht[12]. Das Bundesverwaltungsgericht folgt dieser – nicht näher begründeten – Auffassung nicht.
§ 6a Abs. 1 Satz 1 BJagdG verlangt nicht, dass der Grundeigentümer „gegen sein Gewissen“ (vgl. Art. 4 Abs. 3 GG) gezwungen wird, die Jagd auf seinen Grundstücken zu dulden, oder dass er die Jagdausübung „aus Gewissensgründen“ (vgl. Art. 12a Abs. 2 Satz 1 GG) ablehnt; es genügen ethische Gründe. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts können ethische Überlegungen und Erwägungen Anlass und Anstoß zu einer Gewissensentscheidung sein; sie sind einer solchen Entscheidung aber nicht gleichzusetzen[13].
§ 6a Abs. 1 Satz 1 BJagdG ermöglicht eine Befriedung von Grundflächen im Eigentum natürlicher, nicht aber juristischer Personen. Diese Beschränkung ist auch dann nicht von vornherein sachwidrig, wenn die Befriedung keine Gewissensentscheidung voraussetzt, sondern nur, dass der Grundeigentümer die Jagdausübung aufgrund einer persönlichen ethischen Überzeugung ablehnt. Ob der Ausschluss juristischer Personen mit dem Grundgesetz und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte vereinbar ist, kann deshalb offenbleiben[14].
Auch die Gesetzgebungsmaterialien knüpfen nicht an das Erfordernis einer „Gewissensprüfung“ an. Die Bundesregierung hat zwar in der Begründung ihres Gesetzentwurfs dargelegt, dass die Ablehnung der Jagd aus ethischen Gründen „Ausdruck einer persönlichen Überzeugung und Gewissensentscheidung“ sei; zur Glaubhaftmachung müsse der Antragsteller objektive Umstände nachweisen, die das Vorliegen einer „ernsthaften und echten Gewissensentscheidung“ nachvollziehbar machten, so dass zumindest die überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Vorhandensein ethischer Motive spreche[7]. Einen Bezug zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts zur Verweigerung des Kriegsdienstes aus Gewissensgründen hat aber auch die Bundesregierung nicht hergestellt; sie hat vielmehr dem Wortlaut des § 6a Abs. 1 Satz 1 BJagdG folgend ethische Motive als ausreichend angesehen, sofern diese, insoweit einer Gewissensentscheidung vergleichbar, ernsthaft und echt seien.
Die weitere Ausgestaltung des Befriedungsanspruchs spricht gegen die Erforderlichkeit einer Gewissensentscheidung im Sinne von Art. 4 Abs. 1 und 3 GG. Gemäß § 6a Abs. 1 Satz 2 BJagdG ist eine Befriedung zu versagen, soweit Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass ein Ruhen der Jagd auf der vom Antrag umfassten Fläche bezogen auf den gesamten jeweiligen Jagdbezirk u.a. die Belange des Schutzes der Land, Forst- und Fischereiwirtschaft vor übermäßigen Wildschäden (Nr. 2) und des Naturschutzes und der Landschaftspflege (Nr. 3) gefährdet. In der Begründung des Gesetzentwurfs heißt es hierzu, eine Durchbrechung des Reviersystems „zugunsten rein privater Interessen“ sei nur zu rechtfertigen, wenn sie mit den in § 6a Abs. 1 Satz 2 BJagdG genannten Belangen vereinbar sei[15]. Eine Gewissensentscheidung im dargelegten Sinne ist mehr als ein „rein privates Interesse“. Käme eine Befriedung nur bei ernster Gewissensnot des Grundeigentümers in Betracht, bedürften die Versagungsgründe des § 6a Abs. 1 Satz 2 BJagdG jedenfalls einer sehr engen Auslegung, um die Verhältnismäßigkeit der dem Grundeigentümer auferlegten Duldungspflicht zu wahren.
Gefährdet eine Befriedung die in § 6a Abs. 1 Satz 2 BJagdG genannten Belange nicht, soll sie mit Wirkung zum Ende des Jagdpachtvertrages erfolgen; sofern dies dem Antragsteller unter Abwägung mit den schutzwürdigen Belangen der Jagdgenossenschaft nicht zuzumuten ist, kann die Behörde einen früheren Zeitpunkt, der jedoch nicht vor Ende des Jagdjahres liegt, bestimmen (§ 6a Abs. 2 Satz 1 und 2 BJagdG). Ein Jagdpachtvertrag soll auf die Dauer von mindestens neun Jahren geschlossen werden (vgl. § 11 Abs. 4 Satz 2 BJagdG). Einem Grundeigentümer, den die Duldung der Jagdausübung auf seinen Grundstücken in ernste Gewissensnot bringt, grundsätzlich eine Fortsetzung der Jagd bis zum Ende des Jagdpachtvertrages zuzumuten, wäre nicht verhältnismäßig[16]. Ein Zuwarten bis zum Ende des Jagdpachtvertrages würde nicht nur – wie in der Begründung des Gesetzentwurfs dargelegt[15] – im Einzelfall, sondern für einen Eigentümer in ernster Gewissensnot grundsätzlich eine ungerechtfertigte Härte darstellen. Jedenfalls wenn der Jagdpachtvertrag nach Inkrafttreten des § 6a BJagdG geschlossen wurde, mussten sich der Jagdpächter und die Jagdgenossenschaft im Übrigen bei Vertragsschluss darauf einstellen, dass zum Jagdbezirk gehörende Grundstücke befriedet werden können[17].
Der grundrechtliche Hintergrund eines Befriedungsbegehrens spricht ebenfalls gegen eine Übernahme des Maßstabes von Art. 4 Abs. 3 GG.
Nach den Bestimmungen des Bundesjagdgesetzes (§§ 8 und 9 BJagdG) gehören Grundstücke mit einer Fläche von weniger als 75 ha einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk und ihre Eigentümer einer Jagdgenossenschaft an, der die Ausübung des Jagdrechts zusteht. Der Eigentümer muss die Bejagung seiner Flächen durch die Jagdpächter der Jagdgenossenschaft daher dulden[18]. Die in § 6a BJagdG vorgesehene Befreiungsmöglichkeit des Grundstückeigentümers ergänzt folglich die durch §§ 8 und 9 BJagdG bewirkte Einschränkung der Eigentümerbefugnisse[19] mit einer Ausnahmeregelung. Sie bleibt aber auf das Grundeigentum bezogen und wurzelt in ihr[20]. Dementsprechend ist ein Antrag auch nur erforderlich, weil der Eigentümer über die Ausübung der Jagd auf seinem Grundstück nicht frei verfügen kann.
Gegen das Erfordernis einer Gewissensentscheidung und Gewissensprüfung im Sinne der Rechtsprechung zur Verweigerung des Kriegsdienstes aus Gewissensgründen spricht zudem die Unterschiedlichkeit des Regelungsgegenstandes. Während die Kriegsdienstverweigerung als Ausnahme von der generellen Wehrpflicht konzipiert ist und damit eine schwerwiegende individuelle Lage verlangt, liegt der grundrechtliche Ansatz im Fall der jagdrechtlichen Befriedung völlig anders. Der Antragsteller nimmt nur seine aus dem Grundeigentum folgenden Befugnisse in Anspruch. Es geht daher in der Sache um die Reichweite der Bindungen, die einem Grundstückseigentümer im Interesse des ordnungsgemäßen Wildmanagements auferlegt werden können. Dass hierfür umfangreiche Ausforschungen des Gewissens und der Schlüssigkeit der persönlichen Lebensführung unverhältnismäßig wären, ist offenkundig.
Die Befriedung von einer Gewissensentscheidung des Grundeigentümers im dargelegten Sinne abhängig zu machen, wäre auch nicht mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vereinbar, die durch § 6a BJagdG umgesetzt werden soll[21]. In der Sache Herrmann/Deutschland hat der Gerichtshof festgestellt, dass die Verpflichtung des Beschwerdeführers, die Jagd auf seinen Grundstücken zu dulden, sein Recht auf Achtung des Eigentums (Art. 1 Abs. 1 Zusatzprotokoll zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten i.d.F. der Bekanntmachung vom 17.05.2002 ) verletzt. Die Verpflichtung einer Person, auf ihrem Grundstück die Anwesenheit von bewaffneten Personen und Jagdhunden zu dulden, beschränke die freie Ausübung des Rechts, das Eigentum zu nutzen; für Eigentümer, die wie der Beschwerdeführer die Jagd aus ethischen Gründen ablehnten, stelle dies eine unverhältnismäßige Belastung dar[22]. Der Gerichtshof hielt eine Prüfung der Beschwerde am Maßstab der Gewissensfreiheit (Art. 9 Abs. 1 EMRK) nicht für erforderlich[23]. Eine solche Gewissensnot hatte der Beschwerdeführer im Übrigen nicht geltend gemacht. Er hatte die ökologische und ökonomische Notwendigkeit der Jagd bestritten, sich auf den durch Art.20a GG garantierten ethischen Tierschutz berufen und geltend gemacht, dass das psychische Leid, das ihn durch die Jagd wegen seiner ethischen Überzeugungen treffe, nicht durch eine Geldentschädigung ausgeglichen werde[24].
Dass § 6a BJagdG dem Eigentümer eines zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehörenden Grundstücks überhaupt eine Möglichkeit eröffnet, die Jagd auf seinem Grundstück zu unterbinden, genügt für die Beseitigung des vom Gerichtshof festgestellten Konventionsverstoßes nicht. Eine Regelung der Benutzung des Eigentums im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Zusatzprotokoll muss einen angemessenen Ausgleich zwischen den Erfordernissen des Allgemeininteresses und den Anforderungen an den Schutz der Rechte des Einzelnen herbeiführen[25]. Die Befriedung davon abhängig zu machen, dass der Grundeigentümer durch die Duldung der Jagd in ernste Gewissensnot gerät, wäre kein angemessener Ausgleich in diesem Sinne. Das Interesse der Allgemeinheit an einer Bejagung des gemeinschaftlichen Jagdbezirks kann auf andere Weise gewahrt werden als durch eine den Grundeigentümer derart schwer belastende Anforderung an die Gründe für eine Befriedung. Das Gesetz stellt verschiedene Instrumente zur Herstellung eines verhältnismäßigen Ausgleichs zwischen dem Allgemeininteresse und den ethischen Überzeugungen des Grundeigentümers bereit. Gemäß § 6a Abs. 1 Satz 2 BJagdG ist eine Befriedung auch bei Vorliegen ethischer Gründe zu versagen, soweit Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass ein Ruhen der Jagd auf der vom Antrag umfassten Fläche bezogen auf den gesamten jeweiligen Jagdbezirk die dort genannten Belange gefährdet. Nach § 6a Abs. 3 BJagdG kann die Befriedung räumlich und zeitlich beschränkt werden. Gemäß § 6a Abs. 4 Satz 7 BJagdG ist die Befriedung unter den Vorbehalt des Widerrufs zu stellen für den Fall, dass ein oder mehrere weitere begründete Anträge auf Befriedung in demselben Jagdbezirk gestellt werden und nicht allen Anträgen insgesamt ohne Gefährdung der Belange nach § 6a Abs. 1 Satz 2 BJagdG stattgegeben werden kann. Nach § 6a Abs. 5 BJagdG kann die zuständige Behörde unter den dort genannten Voraussetzungen eine beschränkte Jagdausübung auf den für befriedet erklärten Grundstücken anordnen. Diese Vorschriften ermöglichen, das öffentliche Interesse an einer Bejagung der zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehörenden Grundflächen zu wahren, soweit dies nach den konkreten Umständen im Jagdbezirk geboten ist. Die Befriedung davon abhängig zu machen, dass der Grundeigentümer durch die Ausübung der Jagd auf seinen Grundflächen in schwere Gewissensnot gerät, ist deshalb zur Wahrung des öffentlichen Interesses weder erforderlich noch angemessen.
. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat im vorliegenden FAll angenommen, die Gründe für die Ablehnung der Jagdausübung müssten nur in irgendeiner Weise wertebasiert sein, um als ethisch im Sinne von § 6a Abs. 1 Satz 1 BJagdG qualifiziert zu werden. Das ist mit Bundesrecht nicht vereinbar. Bei einem derart weiten Verständnis der ethischen Gründe könnte der Grundeigentümer die Ausübung der Jagd im Ergebnis aus nahezu jedem nicht gemäß § 6a Abs. 1 Satz 3 BJagdG ausgeschlossenen Grund ablehnen. Das widerspricht dem Zweck des § 6a BJagdG, das Reviersystem und damit die flächendeckende Bejagung aller Grundflächen eines gemeinschaftlichen Jagdbezirks so weit wie möglich zu erhalten[26].
Ein Grundeigentümer lehnt die Jagdausübung nur dann aus ethischen Gründen im Sinne von § 6a Abs. 1 Satz 1 BJagdG ab, wenn er die feste Überzeugung gewonnen hat, dass es aus grundsätzlichen Erwägungen nicht richtig ist, die Jagd auszuüben, also wildlebende Tiere, die dem Jagdrecht unterliegen, zu erlegen oder zu fangen (vgl. § 1 Abs. 1 und 4 BJagdG), und diese Überzeugung für ihn eine gewisse Wichtigkeit hat. Grundsätzliche Erwägungen in diesem Sinne können insbesondere an die ethische Fundierung des Tierschutzes anknüpfen, die auch dem Tierschutzgesetz zugrunde liegt[27]. Zweck des Tierschutzgesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen; niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen (§ 1 TierSchG). Wenn ein Grundeigentümer aus dieser Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf für sich persönlich das Verbot ableitet, wildlebende Tiere zu jagen und hieran durch Duldung der Jagd auf den eigenen Grundstücken mitzuwirken, ist dies – unter den genannten weiteren Voraussetzungen – ein ethischer Grund für die Ablehnung der Jagdausübung. Das Tierschutz- und das Bundesjagdgesetz errichten ein solches Verbot nicht[28]. Das ist verfassungsrechtlich auch nicht geboten, denn der ethisch begründete Tierschutz kann nicht bereits kraft seiner ethischen Fundierung Vorrang vor anderen rechtlich geschützten Interessen beanspruchen[29]. Der Einzelne ist jedoch nicht gehindert, aus der ethischen Begründung des Tierschutzes für sich persönlich weitergehende Verhaltensge- und -verbote abzuleiten, als sie im Bundesjagd- und im Tierschutzgesetz geregelt sind.
Die dargelegte Auslegung der ethischen Gründe im Sinne des § 6a Abs. 1 Satz 1 BJagdG ist mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vereinbar. Die Anforderungen ergeben sich im Kern aus dem Begriff der Ethik; sie hat die Unterscheidung von „richtigem“ und „falschem“ Handeln zum Gegenstand[30]. Dass die ethischen Gründe auf einer festen Überzeugung mit einer gewissen Wichtigkeit für den Grundeigentümer beruhen müssen, ist in den Entscheidungen Chassagnou u.a./Frankreich und Schneider/Luxemburg vorgezeichnet. Dort hat der Gerichtshof angenommen, dass die ethischen Überzeugungen der Beschwerdeführer einen gewissen Grad von Entschiedenheit, Geschlossenheit und Wichtigkeit erreichten und daher in einer demokratischen Gesellschaft Achtung verdienten[31]. Hiervon ist er nicht nur bei der Feststellung einer Verletzung der Vereinigungsfreiheit (Art. 11 EMRK), sondern implizit auch des Rechts auf Achtung des Eigentums (Art. 1 Abs. 1 Zusatzprotokoll) ausgegangen. Verdiente die Überzeugung des Grundeigentümers keine Achtung, wäre seine Belastung durch die Ausübung der Jagd auf seinen Grundstücken nicht unverhältnismäßig. Dass das Jagdrecht den Grundeigentümer hindert, seine Grundstücke „nach Gutdünken“ zu nutzen, hat der Gerichtshof als Verletzung des Eigentumsrechts nicht ausreichen lassen[32]. Auch in der Sache Herrmann/Deutschland ist der Gerichtshof von tief verankerten persönlichen Überzeugungen ausgegangen, an deren Ernsthaftigkeit er im konkreten Fall keinen Zweifel hatte[33].
Welche Anforderungen an die Kohärenz bzw. Geschlossenheit der Überzeugungen zu stellen sind, ergibt sich im deutschen Recht aus § 6a Abs. 1 Satz 3 BJagdG. Nach dieser Vorschrift liegen ethische Gründe nach Satz 1 insbesondere nicht vor, wenn der Antragsteller 1. selbst die Jagd ausübt oder die Ausübung der Jagd durch Dritte auf einem ihm gehörenden Grundstück duldet oder 2. zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung einen Jagdschein gelöst oder beantragt hat. Dabei handelt es sich um Regelbeispiele für objektive Umstände, die im Widerspruch zu der vom Antragsteller behaupteten Motivation stehen[26]. Ein Antragsteller, der mit seinem eigenen Verhalten den behaupteten ethischen Gründen für die Ablehnung der Jagdausübung im Kern widerspricht, kann auch von der Gemeinschaft keine Rücksicht auf diese Gründe erwarten. Andere objektive Umstände als die in § 6a Abs. 1 Satz 3 BJagdG genannten Regelbeispiele schließen das Vorliegen ethischer Gründe nur aus, wenn auch diese Umstände im Widerspruch zu der vom Antragsteller behaupteten Motivation stehen und ihr Gewicht den Regelbeispielen vergleichbar ist.
. Aus dem Erfordernis der Glaubhaftmachung ergibt sich nach Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs lediglich, dass der Antragsteller die Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 Satz 3 BJagdG erfüllen und darüber hinaus sonstige Anhaltspunkte dafür ausräumen muss, dass seine Haltung nur oberflächlich, widersprüchlich oder trivial ist. Das ist schon deshalb unvereinbar mit § 6a Abs. 1 Satz 1 BJagdG, weil der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, soweit es um die Glaubhaftmachung geht, an seinen bundesrechtswidrigen Maßstab für das Vorliegen ethischer Gründe anknüpft.
Eine Grundfläche kann gemäß § 6a Abs. 1 Satz 1 BJagdG nur befriedet werden, wenn der Grundeigentümer glaubhaft macht, dass er die Jagdausübung aus ethischen Gründen ablehnt. Aus der Glaubhaftmachung ergeben sich Anforderungen an die Beweisführung; den materiell-rechtlichen Maßstab der „ethischen Gründe“ verändern diese Anforderungen nicht. Es obliegt dem Grundeigentümer, seine Gründe für die Ablehnung der Jagdausübung darzulegen und entsprechende Beweismittel beizubringen. Da diese Gründe das Ergebnis eines inneren Vorgangs sind, kann die Behörde allein den entscheidungserheblichen Sachverhalt nicht ermitteln. Die Glaubhaftmachung soll Behörden und Gerichte daher in die Lage versetzen, die geltend gemachten Gründe nachzuvollziehen und ihr tatsächliches Vorliegen zu überprüfen. Es genügt, dass eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Vorhandensein ethischer Motive spricht[7]; den vollen Beweis muss der Grundeigentümer nicht erbringen. Erforderlich, aber auch ausreichend ist der Nachweis objektiver Umstände, die das Vorliegen ethischer Gründe nachvollziehbar und im Ergebnis überwiegend wahrscheinlich machen. Die Glaubhaftmachung kann durch jedes Beweismittel erfolgen[7].
Ausgehend hiervon kann ein Grundeigentümer glaubhaft machen, dass er die Jagdausübung aus ethischen Gründen ablehnt, indem er nachvollziehbar schildert, wie und aufgrund welcher grundsätzlichen Erwägungen er die feste Überzeugung gewonnen hat, dass es nicht richtig ist, die Jagd auszuüben, und warum diese Überzeugung für ihn eine gewisse Wichtigkeit hat. Objektive Umstände, die die vorgetragenen Gründe nachvollziehbar machen, können z.B. eigene Erlebnisse mit der Jagd oder mit Tieren oder die Mitgliedschaft und Betätigung in Vereinen sein, die sich dem Tierschutz widmen. Legt der Grundeigentümer seine Gründe für die Ablehnung der Jagdausübung selbst dar, kann dies die Glaubhaftigkeit seines Vorbringens erhöhen. Der Grundeigentümer kann sich aber auch im Befriedungsverfahren durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen (vgl. Art. 14 BayVwVfG). Auch tatsachenbasierte Darlegungen eines Bevollmächtigten können ein geeignetes Mittel der Glaubhaftmachung sein. Ist das Vorhandensein ethischer Motive allein auf der Grundlage des schriftlichen Vortrags nicht überwiegend wahrscheinlich, kann weiterer Vortrag des Grundeigentümers im Rahmen einer mündlichen Anhörung zur Glaubhaftmachung beitragen.
Wie dargelegt muss die Ablehnung der Jagd aus ethischen Gründen nicht die Tiefe, die Ernsthaftigkeit und die absolute Verbindlichkeit einer Gewissensentscheidung haben. Der Grundeigentümer muss dementsprechend weder darlegen noch glaubhaft machen, dass ihn die Ausübung der Jagd in ernste Gewissensnot bringt. Einer Gewissensprüfung darf er nicht unterzogen werden. Es ist auch nicht erforderlich, dass die ethischen Gründe die einzigen Gründe des Grundeigentümers für die Ablehnung der Jagdausübung sind. Hat er glaubhaft gemacht, dass er die Ausübung der Jagd aus ethischen Gründen ablehnt, ist das Hinzutreten weiterer Gründe unschädlich[34].
Im hier entschiedenen Rechtsstreit beruht das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs auf den aufgezeigten Verstößen gegen § 6a Abs. 1 Satz 1 BJagdG. Es stellt sich jedoch ausgehend von dem dargelegten bundesrechtskonformen Maßstab, dem aus den Akten zu entnehmenden Vortrag der Grundstückseigentümerin und den bindenden tatsächlichen Feststellungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs im Ergebnis als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO):
Die Grundstückseigentümerin hat glaubhaft gemacht, dass sie die Ausübung der Jagd aus ethischen Gründen ablehnt (§ 6a Abs. 1 Satz 1 BJagdG). Aus der Zusammenschau von Antrags- und Klagebegründung ergibt sich mit überwiegender Wahrscheinlichkeit, dass sie die feste Überzeugung gewonnen hat, es sei wegen der Verantwortung des Menschen für die wildlebenden Tiere als Mitgeschöpfe und damit aus grundsätzlichen Erwägungen nicht richtig, die Jagd auszuüben, und dass diese Überzeugung für sie eine gewisse Wichtigkeit hat. Allein die Antragsbegründung mit der Aussage, ihr täten die Tiere leid, war nicht ausreichend. Das ist jedoch unschädlich. Maßgeblich für die Beurteilung der Glaubhaftmachung der Gründe der Grundstückseigentümerin für die Ablehnung der Jagdausübung ist die Sachlage im Zeitpunkt der (letzten) tatsachengerichtlichen Entscheidung.
Im Hinblick darauf, dass die Grundstückseigentümerin ausdrücklich auch das Anschießen von Tieren von ihrem Grundstück aus abgelehnt hat, deutete schon die Antragsbegründung darauf hin, dass sie die dem Jagdrecht unterliegenden Tiere aus einem grundsätzlichen Verantwortungs- und Mitgefühl vor der Bejagung schützen möchte. Bei Klageerhebung hat die Grundstückseigentümerin zu Protokoll der Urkundsbeamtin des Verwaltungsgerichts erklärt, sie könne es nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren, dass Tiere aus dem Familienverband „abgeknallt“ würden. Sie bezweifle, dass Tiere keine Seele haben sollten; nach dem Tod eines ihrer beiden Hunde habe der andere Hund getrauert. Sie wolle nicht, dass auf ihrem Grundstück ein Tier zu Tode komme. Diese Ausführungen knüpfen an die schriftliche Antragsbegründung an. Sie zeigen, dass die Grundstückseigentümerin die dem Jagdrecht unterliegenden Tiere als Mitgeschöpfe sieht und dies für sie der tragende Grund ist, die Jagdausübung abzulehnen. Als Mitgeschöpfe sieht sie die wildlebenden Tiere vor allem wegen ihrer sozialen Beziehungen untereinander und wegen ihrer Leidensfähigkeit. Sie lehnt deshalb insbesondere das Erlegen einzelner Tiere aus einem sozialen Verband ab. Dass ihre Haltung möglicherweise stärker von Emotionen als von einer Abwägung gegenläufiger Interessen geleitet ist, stellt nicht in Frage, dass ihre Ablehnung der Jagdausübung auf einer grundsätzlichen tierethischen Haltung beruht. Glaubhaft gemacht hat sie auch, dass dies eine feste Überzeugung ist, die eine gewisse Wichtigkeit für sie hat. Das ergibt sich aus ihrem unwidersprochenen Vortrag, ihr Vater sei vor 30 Jahren bei einem Jagdunfall erschossen worden; auch ihr Hund sei vor vielen Jahren bei der Jagd erschossen worden. Diese persönlichen Erfahrungen mit der Jagd machen ohne weiteres nachvollziehbar, dass sie sich intensiv mit der Jagd beschäftigt hat und dass es ihr wichtig ist, die Ausübung der Jagd auf ihren Grundstücken zu verhindern.
Dass die Grundstückseigentümerin nicht bereits beim Ausfüllen des Vordrucks für den Antrag auf Befriedung weiter vorgetragen hat und auch eine vom Landratsamt gesetzte Frist zur Stellungnahme hat verstreichen lassen, erschüttert die Glaubhaftigkeit ihres Vorbringens nicht. Der Antragsvordruck enthielt keinen Hinweis zu den Anforderungen an die Darlegung und Glaubhaftmachung ethischer Gründe. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass die Grundstückseigentümerin hätte wissen können oder müssen, dass bereits bei Antragstellung Darlegungen zur Festigkeit und Wichtigkeit ihrer Motivation erfolgen müssen. Im Übrigen hatte das Landratsamt die Frist zur Stellungnahme mit dem unzutreffenden Hinweis verbunden, dass die weitere Begründung nur höchstpersönlich vorgenommen werden könne[35]. Bei Klageerhebung hat die Grundstückseigentümerin zu Protokoll der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ihre schriftliche Antragsbegründung erläutert und durch Tatsachenvortrag zu eigenen Erlebnissen mit der Jagd untermauert. Da die Grundstückseigentümerin das Vorliegen ethischer Gründe für die Ablehnung der Jagdausübung bereits durch diesen Vortrag glaubhaft gemacht hat, ist ihre persönliche Anhörung nicht erforderlich. Ob die Grundstückseigentümerin neben ihren ethischen Gründen auch andere Motive – wie etwa Differenzen mit dem Jagdpächter – zur Antragstellung bewogen haben, ist nicht entscheidungserheblich. Liegt eine Jagdablehnung aus ethischen Gründen vor, ist ein solches Motivbündel wie gezeigt unbeachtlich[36]. Anhaltspunkte dafür, dass die ethischen Gründe nur vorgeschoben wären, um eine Befriedung aus anderen Gründen zu erreichen, hat weder das Berufungsgericht festgestellt noch wird derartiges mit der Revision vorgetragen. Auf etwaige persönliche Differenzen mit dem Jagdpächter kommt es nicht an. Es muss auch nicht der Frage nachgegangen werden, ob die Glaubhaftmachung – wie in der Begründung des Gesetzentwurfs vorausgesetzt[7] – bereits im Verwaltungsverfahren oder jedenfalls – wie hier geschehen – im gerichtlichen Verfahren durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung möglich ist[37].
Das Vorliegen ethischer Gründe für die Ablehnung der Jagdausübung ist nicht gemäß § 6a Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Alt. 2 BJagdG zu verneinen. Die Grundstückseigentümerin duldet nicht – wie dort vorausgesetzt – die Ausübung der Jagd durch Dritte auf einem ihr gehörenden Grundstück. Ihr Antrag auf Befriedung erstreckt sich im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nach den tatsächlichen Feststellungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs auf sämtliche in ihrem Eigentum stehende Grundflächen, die zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehören. Dass sie die Flurstücke 3 und 4 in ihrem schriftlichen Antrag ursprünglich nicht aufgeführt hatte, ändert daran nichts; auf Hinweis des Sachbearbeiters hat sie dies umgehend nachgeholt. Ein Widerspruch zu den geltend gemachten ethischen Gründen für die Ablehnung der Jagdausübung ergibt sich daraus nicht; anderenfalls hätte sie die Grundstücke nicht umstandslos in den Antrag auf Befriedung einbezogen. Für das Vorliegen anderer Regelbeispiele des § 6a Abs. 1 Satz 3 BJagdG gibt es keine Anhaltspunkte.
Dass die Grundstückseigentümerin sich auch von Fleisch ernährt, ist kein objektiver Umstand, der – den Regelbeispielen des § 6a Abs. 1 Satz 3 BJagdG vergleichbar – in Widerspruch zu der von ihr behaupteten Motivation steht und deshalb das Vorliegen ethischer Gründe ausschließt. Die Ablehnung der Jagd kann nicht der Ablehnung des Schlachtens von Tieren zum Verzehr durch den Menschen gleichgestellt werden[38]. Wegen der unterschiedlichen Bedingungen, unter denen die Tiere getötet werden, und des unterschiedlichen Leides, das mit diesen Bedingungen verbunden ist, kann ein Grundeigentümer widerspruchsfrei das betäubungslose Töten wildlebender Tiere im Wege der Jagd ablehnen und das Schlachten von Nutztieren für ethisch vertretbar halten[39].
Die Befriedung ist nicht gemäß § 6a Abs. 1 Satz 2 BJagdG zu versagen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, es seien keine Tatsachen vorgetragen worden, die die Annahme rechtfertigten, ein Ruhen der Jagd auf den vom Antrag umfassten Flächen werde die in § 6a Abs. 1 Satz 2 BJagdG aufgeführten Belange gefährden. An diese Feststellung, gegen die zulässige und begründete Revisionsgründe nicht vorgebracht sind, ist das Bundesverwaltungsgericht gebunden (§ 137 Abs. 2 VwGO). Die Erwägungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zu einer Befriedung trotz Gefährdung der in § 6a Abs. 1 Satz 2 BJagdG geschützten Belange sind nicht entscheidungserheblich.
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 11. November 2021 – 3 C 16.20
- BayVGH, Urteil vom 28.05.2020 – VGH 19 B 19.1708[↩]
- Untere Jagdbehörde[↩]
- vgl. BVerwG, Urteil vom 18.06.2020 – 3 C 1.19 – AUR 2020, 420 <421> 14[↩]
- BGBl. I S. 2849[↩]
- BGBl. I S. 1328[↩]
- BGBl. I S. 1386[↩]
- BT-Drs. 17/12046 S. 8[↩][↩][↩][↩][↩]
- EGMR , Urteil vom 26.06.2012 – Nr. 9300/07, Herrmann/Deutschland, Rn. 93 im Anschluss an EGMR , Urteil vom 29.04.1999 – Nr. 25088/94 u.a., Chassagnou u.a./Frankreich – und EGMR, Urteil vom 10.07.2007 – Nr. 2113/04, Schneider/Luxemburg[↩]
- EGMR , Urteil vom 26.06.2012 a.a.O. Rn. 24, 92[↩]
- BVerfG, Beschluss vom 20.12.1960 – 1 BvL 21/60, BVerfGE 12, 45 <55> Kammerbeschluss vom 02.05.2018 – 1 BvR 3250/14, NVwZ 2018, 1635 Rn. 18; BVerwG, Urteile vom 03.02.1988 – 6 C 3.86, BVerwGE 79, 24 <26 f.> und vom 21.06.2005 – 2 WD 12.04, BVerwGE 127, 302 <325 f.>[↩]
- vgl. BVerwG, Urteile vom 03.10.1958 – 7 C 235.57, BVerwGE 7, 242 <247> und vom 21.06.2005 – 2 WD 12.04, BVerwGE 127, 302 <326 f.>[↩]
- VG Würzburg, Urteil vom 02.02.2017 – W 5 K 15.13 28; VG Münster, Urteil vom 30.10.2015 – 1 K 1488/14 25; VG Düsseldorf, Urteil vom 16.12.2015 – 15 K 8252/14 26; VG Lüneburg, Urteil vom 11.02.2016 – 6 A 275/15 49; VG Minden, Urteil vom 03.05.2016 – 8 K 1480/15 20; VG Regensburg, Urteil vom 10.05.2016 – RN 4 K 16.8 34; VG Greifswald, Urteil vom 11.04.2019 – 6 A 1512/16 HGW – AUR 2019, 227 <228> 34; VG Schleswig, Urteil vom 17.12.2019 – 7 A 222/17 33; OVG Hamburg, Urteil vom 12.04.2018 – 5 Bf 51/16 53; OVG NRW, Urteil vom 13.12.2018 – 16 A 1834/16 54 ff.; Munte, in: Schuck, BJagdG, 3. Aufl.2019, § 6a Rn. 30; Düsing, in: Mechthild/Martinez, Agrarrecht, 2016, § 6a BJagdG Rn. 7, 9; Mayer-Ravenstein, AUR 2014, 124 <124, 126>[↩]
- BVerwG, Urteile vom 23.03.1973 – 6 C 81.73, Buchholz 448.0 § 25 WPflG Nr. 49; und vom 24.10.1973 – 6 C 101.73, Buchholz 448.0 § 25 WPflG Nr. 59[↩]
- vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 02.05.2018 – 1 BvR 3250/14, NVwZ 2018, 1635; verneinend BayVGH, a.a.O.[↩]
- BT-Drs. 17/12046 S. 9[↩][↩]
- vgl. BVerwG, Urteil vom 18.06.2020 – 3 C 1.19 – AUR 2020, 420 <422> 18[↩]
- vgl. BVerwG, Urteil vom 18.06.2020 a.a.O. <422> 20[↩]
- vgl. BT-Drs. 17/12046 S. 7[↩]
- vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 13.12.2006 – 1 BvR 2084/05, NVwZ 2007, 806 Rn. 4 ff.[↩]
- BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 02.05.2018 – 1 BvR 3250/14, NVwZ 2018, 1635 Rn. 10; und vom 13.12.2006 a.a.O. Rn. 25[↩]
- BT-Drs. 17/12046 S. 7[↩]
- EGMR , Urteil vom 26.06.2012 – Nr. 9300/07, Hermann/Deutschland, Rn. 72, 80, 93[↩]
- EGMR , Urteil vom 26.06.2012 a.a.O. Rn. 119[↩]
- EGMR , Urteil vom 26.06.2012 a.a.O. Rn. 48 f., 53[↩]
- EGMR , Urteil vom 26.06.2012 a.a.O. Rn. 74[↩]
- vgl. BT-Drs. 17/12046 S. 8[↩][↩]
- vgl. BVerwG, Urteil vom 13.06.2019 – 3 C 28.16, BVerwGE 166, 32 Rn. 17 ff.[↩]
- vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.04.2021 – 3 B 9.20 9 und 12[↩]
- vgl. BVerwG, Urteil vom 13.06.2019 a.a.O. Rn.20[↩]
- Honnefelder, in: Görres-Gesellschaft/Verlag Herder , Staatslexikon, Zweiter Band, 8. Aufl.2018, „Ethik“, Spalte 256 f.[↩]
- EGMR , Urteil vom 29.04.1999 – Nr. 25088/94 u.a., Chassagnou u.a./Frankreich, Rn. 114 und EGMR, Urteil vom 10.07.2007 – Nr. 2113/04, Schneider/Luxemburg, Rn. 80[↩]
- EGMR , Urteil vom 29.04.1999 a.a.O. Rn. 74[↩]
- EGMR , Urteil vom 26.06.2012 – Nr. 9300/07, Herrmann/Deutschland, Rn. 91 f.[↩]
- vgl. OVG NRW, Urteil vom 13.12.2018 – 16 A 1834/16 67[↩]
- Bescheid vom 17.11.2015, S. 2[↩]
- vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 17.07.2019 – 3 BN 2.18, Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 217 Rn. 21[↩]
- vgl. Munte, in: Schuck, BJagdG, 3. Aufl.2019, § 6a Rn. 44 ff.; Geis, in: Düsing/Martinez , Agrarrecht, 2016, § 6a BJagdG Rn. 10; Mayer-Ravenstein, AUR 2014, 124 <126 f.>, jeweils mit Blick auf § 27 VwVfG[↩]
- EGMR , Urteil vom 26.06.2012 – Nr. 9300/07, Herrmann/Deutschland, Rn. 92[↩]
- vgl. EGMR , Urteil vom 26.06.2012 a.a.O., teilweise abweichende Meinung des Richters Pinto de Albuquerque[↩]